Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld by Fischer Claus Cornelius

Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld by Fischer Claus Cornelius

Autor:Fischer, Claus Cornelius [Fischer, Claus Cornelius]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783838700205
Herausgeber: Lübbe
veröffentlicht: 2008-12-04T17:00:00+00:00


19

Staunend über die Wucht seiner Empörung, verbrachte der Commissaris den ersten Tag seiner Suspendierung wie ein Schlafwandler. Zu Hause ist der schlimmste Ort, wer hatte das gesagt oder geschrieben ? Mehrmals war er kurz davor, die Wohnung zu verlassen, um ins Präsidium zu gehen. Aber dann fiel ihm ein, dass er als Offizier der Königin dem Befehl eines vorgesetzten Offiziers Folge zu leisten hatte, solange dieser Befehl nicht gegen sein Gewissen verstieß.

Dann will ich dich in meiner Polizei nicht mehr sehen.

Nachdem er Simone gewaschen hatte, bereitete er ihr das Frühstück. Er brühte Kaffee auf, kochte zwei Eier, toastete Brot und bestrich es mit Butter, gemäß dem Befehl, den er als Offizier der Königin sich selbst erteilte. Er stellte fest, dass er in der Nacht Rotwein auf das Tischtuch in der Küche verschüttet hatte, und warf das Tuch in den Wäschekorb neben der Badewanne. Als er sah, wie voll der Korb schon war, fing er an, die Wäsche zu sortieren, bunt und weiß, und die Waschmaschine zu füllen. Waschen und Bügeln war fast so gut wie Putzen, wenn man den Boden unter den Füßen verloren hatte.

Plötzlich fiel ihm wieder ein, wie Simone schon früher zu kleinen Betrügereien geneigt hatte, liebenswerten Mogeleien beim Spielen, genau genommen bei jedem Spiel. Dabei machte es ihr gar nichts aus, zu verlieren; es spielte keine Rolle für sie. Sie mogelte einfach aus Lust daran, jemanden hinters Licht zu führen. Sogar wenn sie ein Puzzle zusammensetzte, hatte sie manchmal ein Stück einfach an eine Stelle gequetscht, wo es zwar von Farbe, Form und Ausschnitt hingehören konnte, aber doch nicht ganz passte.

»Wenn ich das bei einem meiner Fälle machen würde«, hatte er tadelnd gesagt, »so mein Puzzle lösen ...« Aber sie hatte nur gelächelt, leicht den Kopf geschüttelt und mit einem bezaubernden Ruck das Haar nach hinten geworfen: »Das könntest du nie.«

In Gedanken ging er den Inhalt des Koffers immer wieder durch, die Ohrringe, das kleine Gemälde, den Stadtplan von Lissabon; versuchte die Bedeutung seines Fundes zu begreifen.

Und wenn sie nun gar nicht krank ist ?, schoss es ihm durch den Kopf. Wenn sie nur so tut ? Wenn sie in Wirklichkeit gesund ist, kerngesund ? Wenn sie mir nur vorspielt, alles vergessen zu haben – mir und vielleicht sogar sich selbst ? Damit sie sich nicht zu erinnern braucht, damit sie nie mit mir darüber reden muss, damit ich sie nie mit dem offenen Koffer konfrontieren kann ?

Er ging ins Wohnzimmer, wo Simone vor dem Fernseher saß und einen Film über junge Eisbären sah. »Komm mit«, sagte er und gab sich keine Mühe, den Zorn in seiner Stimme zu unterdrücken. Er zog sie hoch und hinter sich her zur Kammer des Schreckens. Er riss die Tür auf, knipste das Licht an, zerrte den Koffer in den Flur. Er öffnete ihn und kippte ihr den Inhalt vor die Füße. »Was ist das ?«, fragte er. »Kannst du mir sagen, was das alles ist ?«

Sie bückte sich und hob den einen Ohrring auf. »Wollen wir verreisen ?«, fragte sie.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.